ZUFLUCHTEN

Christiane Rath. Andrea Interschick. Sarah Schultz

Die Themen Wald und Zuhause verbinden die Arbeiten von Andrea Interschick, Sarah Schultz und Christiane Rath. Sie spüren dabei sowohl historisch gewachsenen als auch aktuellen Zuschreibungen und Bildern nach. Was macht ein Zuhause aus? Wie ist das Verhältnis von Wunschvorstellung und Realität? Die Suche nach einem sicheren Leben ist heute, in Zeiten von ca. 8 Milliarden Menschen, für alle Lebewesen genauso elementar wie vor tausenden von Jahren. Migration, Klimawandel und Globalisierung sind seit den Anfängen der Menschheit das bestimmende Thema in Sachen Lebensort.

Ein intakter Wald bietet alles, was Menschen zum Leben brauchen: Nahrung von Pflanzen und Tieren, genügend Holz zum Heizen, Rohstoffe für Kleidung und Hausrat. Am Wald zu wohnen gilt als ein bevorzugter Wohnort, sein Grün beruhigt, der Geruch von Moos und Tannennadeln wirkt heilend, ein Spaziergang hat therapeutische Wirkung.

Menschennester von Christiane Rath

Nester und die Suche nach dem Zuhause-Sein prägen kontinuierlich die Kunst von Christiane Rath. Neben der Installationsserie „urban-urbar“ baut sie überdimensionierte Nester, „Menschennester“, die von Passanten oder Besuchern „besetzt“ werden können, um so das archaische Gefühl von Beschütztwerden und Geborgenheit wie in der eigenen Kindheit neu zu fühlen.

Unweit von Köln bauten Protestler zur Rettung des Hambacher Forstes zahlreiche Baumhäuser, die von den Besetzern zum Teil über viele Monate hindurch bewohnt wurden. Zum Schutz vor Polizeikontrollen waren diese Nester extrem hoch in die Baumwipfeln gebaut und wirkten daher ebenfalls wie Menschennester, was Christiane Rath zu einer Fotoserie inspirierte.

ZUFLUCHTEN - Baumhäuser

Sie war beeindruckt von der seriellen Schönheit der ebenso ähnlichen wie individuellen Nestbauformen, die zum Teil miteinander durch Seile vernetzt waren, so dass neue luftige Verbindungswege zwischen Bäumen, Baumhäusern und Menschen entstanden. Um diese Ästhetik deutlich hervorzuheben, wählte sie daher die Schwarzweiß-Fotografie, auch um den Dokumentationscharakter hervorzuheben. Nicht zuletzt ist ihr das politische Statement wichtig, eine Anklage gegen die rücksichtslose und gewinnorientierte Zerstörung von Natur.

Fotoarbeit - Schuhe im Wind






Der Wald als Identitätsort in der Malerei von Andrea Interschick

Andrea Interschick hat das Eichhörnchen Ratatösk aus der Edda, das fortwährend zwischen den gegensätzlichen Kräften des Adlers in den Wipfeln des Weltenbaumes und dem Drachen an seinen Wurzeln hin und her springt, zu ihrem Alter Ego entwickelt.

Ihre Arbeiten sind sowohl von Mythen und Sagen inspiriert als auch von der Bedeutung des Waldes als identitätsstiftendes Element in Deutschland, wie wir es aus der Epoche der Romantik kennen. Romantische Gefühle gegenüber der Landschaft Wald wurden immer wieder nationalistisch missbraucht.

Dies ist der Malerin bewusst, aber gleichzeitig auch Motivation, diese Gefühle vom Missbrauch zu befreien und auf eine neue Weise erlebbar zu machen. Sie nähert sich dem Wald durch besondere Lichtstimmungen, fühlbare Beziehungen zwischen ihren Figuren und der Kombination aus Vertrautem und aktuellem Zeitgeschehen.

Echolot




Bilder und Collagen von Sarah Schultz

Vogelhäuser sind ein zentrales Element in der Kunst von Sarah Schultz. Ihre Vogelhäuser sind teils verwaist, teils Futterstellen für Vögel oder aber auch Lebensort und Merkmal von Menschen. Größe und Form der Häuser variieren, das bestimmende Element ist das Haus, das Zuflucht und Schutz bietet. Was veranlasst den Menschen dazu, einerseits den Wald zu roden und damit vielen Tieren ihren Lebensraum zu nehmen und dann wiederum romantische Vogelhäuser zu bauen?

Es werden Schlösser, Camper, Holzhütten geschnitzt und gesägt, ganz so, wie der Erbauer vielleicht selbst leben möchte? Sarah Schultz beschäftigt sich in ihrer Kunst mit bildungspolitischen Kontexten. Hierbei greift sie sowohl auf Historisches zurück, verortet sich aber klar in der Gegenwart, indem sie versucht, gesellschaftliche Codes zu dekodieren. Einen solchen Code sieht sie in den von Menschen gemachten Vogelhäusern.

Echolot